Eine Integration behavioraler Verhaltensübungen im Rahmen der psychodynamischen Therapie hat sich durchaus bewährt (Fischer, 2007). Beispiele solcher Techniken sind:

Allerdings muss bei ihrem Einsatz gewährleistet sein, dass die psychodynamische Ausrichtung der Therapie gewahrt und jeder bloßen Technik übergeordnet bleibt. Um das zu sichern, berücksichtigt die psychodynamisch-behaviorale Strategie der kausalen Psychotherapie drei Grundsätze (ebd.):

Bevor Verhaltenstechniken zum Einsatz kommen, muss zunächst ein Arbeitsbündnis zwischen Therapeut und Patient aufgebaut werden, um Missallianzen im Sinne des ADVM zu vermeiden.

In der therapeutischen Beziehung zwischen Patient und Therapeut geht es einerseits um Übertragungsbearbeitung, andererseits um die hilfreiche (Arbeits)Beziehung. Beide Elemente stehen in ihrer gegenseitigen Verwobenheit in einem dialektischen Verhältnis zueinander. Verhaltensübungen sind erst dann angebracht, wenn die optimale Differenz in der therapeutischen Beziehung erreicht wurde.

In diesem Sinne setzt die kausale Psychotherapie bei Verhaltenstechniken auf den Wirkfaktor der erfolgreichen Konstruktionsfähigkeit des Patienten anstatt auf den Übungseffekt. Sie bieten sich besonders in Therapiephasen an, in denen Beziehungs- und Deutungsarbeit stagnieren. Handlungsinterventionen können dann wertvolle Impulse geben.
Im Gesamtkontext der psychodynamischen Therapie geht es nicht um die schnelle Beseitigung von Symptomen, sondern um den Anstoß eines Einsichts- und Veränderungsprozesses im Sinne des ADVM.

Regel N + 1
Bei allen Interventionen gilt die 'Regel N + 1'. Sie besagt, dass die Intervention vom gegenüber den pathologischen Phänomenen (Level N) nächsthöheren Strukturniveau (N + 1) ausgehen muss. Sinnvollerweise werden die dort vorhandenen Ressourcen in die Interventionslinie einbezogen. Sie zielt darauf ab, die Oszillation zwischen Level N und N + 1 zu verstärken und den Übergang zur Meta-Ebene (N + 1) zu erleichtern. Die veränderungsfördernde optimale Differenz von Schema und Objekt nach dem ADVM wird in struktureller Hinsicht dadurch gefördert, dass N und N + 1 hinreichend zusammengeführt und zugleich für die Patientin punktuell genügend differenzierbar sind. Ist die Differenz zwischen pathologischem Schema und therapeutischer Intervention zu weit (Level N + 2 etc.), bleibt die Intervention bestenfalls wirkungslos. Ist sie zu gering (Level-N-Therapie), ergibt sich die therapeutische Missallianz (Fischer, 2007).

Meditation und Visualisierung
Meditative und mentale Übungen setzt die kausale Therapie ein, um belastende und erstarrte Erlebniszustände aufzulösen bzw. den Übergang in positivere Zustände (states of mind im Sinne Horowitz’) zu fördern. Es geht dabei nicht um das Erreichen eines bestimmten Ziels oder erleuchteten Zustandes, sondern um Meditation als Weg der Traumabewältigung.

Ein Beispiel für diese Technik ist die Übung Sicherer Ort (vgl. Fischer, 2005). Hierbei begibt sich der Patient mit Hilfe seiner Vorstellungskraft einmal in eine beunruhigende Situation und dann an einen schönen und sicheren mentalen Ort. Durch das wiederholte Wechseln zwischen beiden Zuständen bei gleichzeitigem bewusstem Beobachten dieses Wechsels ändern die Zustände ihre Qualität.

Nicht-suggestives Vorgehen
Nach der ersten Begeisterung für Hypnose hat sich Freud mit Ausarbeitung seiner Abwehrtheorie später von diesem suggestiven Verfahren abgewendet. Diese neue Ausrichtung versteht Fischer (2005, 2007) als phänomenologische Wende und Grundlegung der Psychoanalyse. Obwohl damit nicht jeder Einfluss des Therapeuten ausgeschlossen werden soll, gewinnt das Bewusstsein des Patienten in dieser Perspektive wieder mehr Berücksichtigung. Die kausale Psychotherapie schließt sich diesem nicht-suggestiven Vorgehen auch deshalb an, weil sie Patienten keine fertigen Lösungen mental „einpflanzen“ möchte, sondern ihn vielmehr in seinem aktiven Entwicklungs- und Erkenntnisfortschritt unterstützen will.

 



Umgang mit der Abwehr
Abwehrdeutungen nimmt die klassische Psychoanalyse in einer bestimmten Reihenfolge vor, indem der Therapeut Folgendes thematisiert:
 

Wie bereits erwähnt, hat mit der psychoanalytischen Gesamtentwicklung auch das Abwehrkonzept Veränderungen erfahren. So führte beispielsweise die Ich-Psychologie einen geradezu dialektischen Umgang mit der Abwehr ein: In der Therapie wird die Abwehr zunächst nicht angegriffen, sondern im Gegenteil gestärkt (Ich-Stärkung) und differenziert, und zwar solange, bis der Patient sich stark genug fühlt, um sich mit dem Abgewehrten auseinander zu setzen. Die Selbst-Psychologie betont ebenfalls, wie wichtig die Stärkung des Ich-Selbst-Systems ist. Dabei geht es nicht nur um Selbstbehauptungstraining o. Ä., sondern im Rahmen einer Abwehrdifferenzierung darum, unkontrollierte Abwehrmechanismen in kontrollierte Copingtechniken umzuwandeln. Wenn z. B. Traumapatienten dissoziieren oder Erinnerungsbilder verdrängen, lernen sie dann, gezielt und kontrolliert zu dissoziieren und zu verdrängen.

Für den Therapeuten bedeutet dies, dass er sich wie schon von Freud empfohlen zunächst in taktischer Absicht mit der Seite der Abwehr verbündet, um bei genügender Stärkung des Patienten-Ich im passenden Moment die Partei der verdrängten Impulse aus dem Unbewussten zu ergreifen. Diese wechselnde Bündnispolitik zielt letztlich auf eine Integration beider Seiten.

Umgang mit der Übertragung
Die Übertragungsbeziehung wird erst zum Thema in der Therapie, wenn sich Widerstand gegen sie zeigt. Dies kann in einer von drei Varianten geschehen, die alle mit empathischen Deutungen des Therapeuten arbeiten (Fischer, 2007; Gill, 1996, S. 28 ff.).

Widerstand gegen die Übertragung an sich: Der Patient vermeidet generell Gefühle gegenüber dem Therapeuten. In diesem Fall sollte der Therapeut den Weg ebnen, indem er mögliche Empfindungen in Bezug auf Therapeut und Therapie von sich aus und ganz selbstverständlich anspricht.


Widerstand gegen die Bewusstwerdung der Übertragung: Hierbei kann der Therapeut mit klärender und/oder konfrontierender Ansprache der Situation arbeiten.


Widerstand gegen die Auflösung der Übertragung: In diesem Fall hilft es, wenn der Therapeut vor allem Akzeptanz für Übertragungsreaktionen signalisiert und gleichzeitig verdeutlicht, dass die Übertragung(sauflösung) als Chance für die Zukunft des Patienten genutzt werden sollte.

 

Verhaltenstechniken in der psychodynamischen Therapie
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