Stress
Neben dem Nervensystem stellt der Hormonhaushalt das zweite wichtige Kommunikationsnetz des Körpers dar.
Für den Großteil der Hormonausschüttungen des Körpers ist die Hypophyse verantwortlich, die ihrerseits vom im Zwischenhirn (Diencephalon) gelegenen Hypothalamus als übergeordneter Leitzentrale gesteuert wird.

Die Hypophyse lässt sich in Vorder- und Hinterlappen unterteilen, wobei der Vorderlappen als Hormondrüse, der Hinterlappen als Hormonspeicher fungiert. Sie ist über das Infundibulum (Hypophysenstiel) mit dem Hypothalamus verbunden.
Die Steuerung durch den Hypothalamus verläuft über zwei Wege: Zum einen ziehen die langen Axone spezieller Hypothalamusneuronen über das Infundibulum bis in den hinteren Hypophysenlappen und geben dort Hormone – zum Teil direkt ins Blut ­– ab. Andere Nervenzellen des Hypothalamus aktivieren mit ihren Botenstoffen ein Gefäßsystem im Infundibulum, das in ein weiteres Gefäßnetz im vorderen Hypophysenlappen übergeht, welches dort die Hormonproduktion reguliert.

Die Stresswahrnehmung im Gehirn wird über verschiedene Hormonachsen in physiologische Stressreaktionen des Organismus übertragen. Die Hauptaufgabe der zwei wichtigsten Achsen ist die Erhöhung der Leistungsbereitschaft, doch sie wirken über unterschiedliche Muster:

Die Sympathikus-Nebennierenmark-Achse (SNA, SAM)
Akuter Stress entsteht v.a. durch Wahrnehmung einer akut bedrohlichen Situation, z.B. Schreck, Angriff, psychosoziale Stressoren (Konflikte, Prüfung), Schmerz oder Angsttrigger, aber auch physische Belastungen wie extreme körperliche Anstrengung oder Hypoglykämie. Die sensorischen Signale werden im Neokortex oder direkt und schneller durch das limbische System als bedrohlich klassifiziert, welche daraufhin innerhalb von Sekundenbruchteilen – zum Teil unter Beteiligung des Hypothalamus-Hormons CRH – den Locus caeruleus im Hirnstamm stimulieren, der gleichzeitig als Zentrum noradrenerger Aktivität im ZNS (s.o.) und Steuerzentrale des Sympathikus fungiert. Diese Steuerung erfolgt nicht direkt,  sondern über Bahnen, die in den periventrikulären Hypothalamus einstrahlen, von wo aus das sympathische Nervensystem stimuliert und der Köper physiologisch in Erregung bzw. in einen Alarmzustand versetzt wird (Rensing et al., 2005, S. 88). Das Nebennierenmark – durch den Sympahtikus aktiviert  – unterstützt diesen Prozess durch Freisetung der Hormone  Adrenalin und Noradrenalin  (Hüther, 1997).

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Die durch Noradrenalin vermittelte Stressreaktion versetzt den Körper insbesondere durch ein erhöhtes Angebot an Sauerstoff, Glukose und freien Fettsäuren sowie eine erhöhte Aufmerksamkeit und Reaktionsbereitschaft in die Lage, schnell und kraftvoll zu reagieren. Energieträger werden mobilisiert, Skelettmuskulatur und Herz-Kreislauf-System im Hinblick auf körperliche Leistung stimuliert und lebenswichtige Funktionen gesichert.
Diese Sympathikus-Reaktion wird nach Cannon (1929) als Kampf-oder-Flucht-Reaktion (fight or flight) bezeichnet, weil sie im Organismus alle Vorkehrungen trifft, damit sich dieser in Belastungssituationen physisch optimal verteidigen oder in Sicherheit bringen kann.
Ebenfalls vom Nebennierenmark ausgeschüttete, sympathikusaktivierte Opioide erleichtern gleichzeitig die Stressbewältigung, indem Schmerz sowie sensorisch-emotionales 'Hintergrund­rauschen' hemmen (Rensing et al., 2005, S. 130).


CRH und die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HPA-Achse)

Die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HHNA, HPA-System für: hypothalamic pituitary adrenocortical system) stellt neben der Sympathikus-Nebennierenmarkachse (HNA) die wichtigste endokrine Stressachse dar, wird – aktiviert durch weitgehend dieselben Stressoren (s.o.) – allerdings gegenüber der SNA verzögert aktiv und kommt daher auch bei Dauerstress besonders zum Tragen.
Wird eine Wahrnehmung bzw. Situation von Kortex und v.a. limbischem System als belastend qualifiziert, stimulieren diese – über serotonerge und cholinerge Fasern – im Hypothalamus die Ausschüttung des Signalpeptid CRH (Corticotropin-Releasing-Hormon), wodurch einerseits die SNA aktiviert wird, die allerdings ihrerseits wesentlich mit der Aktivität des Locus caeruleus korrespondiert (s.o.). Außerdem spielt CRH als Neurotransmitter u.a. in Hippocampus und Amygdala in der Vermittlung von Stress- und Angstreaktionen eine Rolle (Rensing et al., 2006, S. 95).

In seiner Hauptfunktion aktiviert CRH jedoch im Hypophysenvorderlappen die Synthese und Ausschüttung von ACTH (Adrenocorticotropes Hormon). Agonistisch wirken hierbei u.a. Adrenalin, ADH und verschiedene Entzündungsmediatoren wie TNF-a und Interleukin-1.

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ACTH wiederum bewirkt über die Blutbahn die Freisetzung von Glukokortikoiden, insbesondere Cortisol, aus der Nebennierenrinde. Cortisol und ACTH regulieren durch negative Rückkopplung die weitere Freisetzung von CRH. Bei andauernder Cortisolsekretion wird außerdem der Glukokortikoidrezeptor GR, an den Cortisol andockt, downreguliert. Bei Dauerstress spielen neben anderen pathophysiologischen Prozessen Defekte in der negativen Rückkopplung offenbar eine wesentliche Rolle, sodass es dabei nicht mehr zum physiologischen Absinken des CRH- und Cortisolspiegels kommt (ebd.).
Ebenso wie die Botenstoffe der SNA besitzen auch alle an der HPA-Achse beteiligten Substanzen eine psychotrope Wirkung.
Da CRH neben seiner Wirkung als Releasing-Hormon auch als Neurotransmitter Stressreaktionen des ZNS moduliert, spricht man auch von einem Neuropeptid und damit einer Zwischenform zwischen Neurotransmittern und Hormonen. CRH wird nicht nur neuronal, sondern auch über Botenstoffe wie Angiotensin II oder bestimmte Cytokine (Entzündungsmediatoren) stimuliert. Hemmende Effekte auf CRH besitzen neben Cortisol und ACTH auch Opioide, Stress und das nahe dem Hypothalamus gebildete CRH-BP (CRH-binding proteine). Cortisol wirkt zudem agonistisch auf GABAerge Neurone, die ihrerseits CRH-Neurone hemmen. Somit begrenzt sich die Stressreaktion gleich in mehrfacher Hinsicht zeitlich (Abstand von 2-3 Stunden) selbst (ebd.), sofern die inhibitorischen Systeme intakt sind. Darüber hinaus hemmen Somatostatin sowie die 'Antistress- und Fürsorge-Hormone' Prolaktin und Oxytocin die HPA-Achse auf allen regulatorischen Ebenen (ebd., S. 149).
Die meisten Effekte der HPA-Aktivität beruhen auf Cortisol. Es kann in Belastungssituationen bis zum 10fachen der normalen Plasmakonzentration erreichen und sorgt dafür, dass für eine höhere Leistungsfähigkeit ergänzend zur SNA-Wirkung weitere Energiereserven aktiviert werden (s.u.). Als fettlösliches Hormon kann es – z.B. im Gegensatz zu Adrenalin – die Zellmembran passieren und intrazellulär über spezifische Proteinrezeptoren Gene aktivieren (z.B. zur Neusynthese von Glukose) oder unterdrücken (z.B. zur Hemmung überschießender Stressreaktionen). Tatsächlich wirkt sich eine – gegenüber Adrenalin zeitverzögert einsetzende – erhöhte Cortisolkonzentration kurzfristig agonistisch, nach einer begrenzten Aktionsphase jedoch suppressiv auf die adrenerge Stressreaktionen aus (ebd., S. 156).
Bei gestörter HPA-Hemmung oder dauerhaft gestörtem emotionalem Gleichgewicht bleibt der Cortisolspiegel erhöht. Dies lässt sich auch bei sozial untergeordneten Tieren ebenso wie bei Menschen mit dauerhaftem psychosozialem Stress oder Depression (s.o.), feststellen (ebd., S. 158). Bei Posttraumatischer Belastungsstörung kommt es hingegen zu einem Absinken des Cortisols (Bering, 2005).
Zu den wichtigsten Cortisolwirkungen zählen (Rensing et al., S. 156; vgl. auch Birbaumer und Schmidt, 2006): Glukoneogenese, Hyperglykämie, Freisetzung von Amino- und Fettsäuren durch Protein- und Fettabbau, Hemmung von Proteinsynthese und Gewebe-Anabolismus, z.B. in Haut, Kollagen, Gefäßen und Knochen (langfristig: Osteoporose), Hemmung von Immunzellen (Proliferation, Aktivität) und Entzündungsmediatoren wie Interleukinen, Interferon oder Histamin (verminderte Resistenz) , verminderte Ausschüttung von Sexualhormonen, b-Endorphin, CRH, ACTH und im ZNS: Hemmung von Gedächtnis, Informationsverarbeitung, Sexualität, Schlaf sowie neuronaler Bahnung, Vernetzung und Differenzierung.



(De)Stabilisierung durch Stress im Kontext neuronaler Systeme und Verhaltensstrategien – die Kriterien Akzeptanz und Kontrollierbarkeit
Bis heute werden Stressreaktionen und Stressempfinden gemeinhin als etwas Belastendes, sogar per se Krankmachendes angesehen, das es gleichsam einer Krankheit zu Überwinden und zu vermeiden gilt (Hüther, 1997, S. 9). Die meisten Menschen würden Stressvermeidung sofort als wichtiges Ziel definieren. Dem steht jedoch die physiologische Bedeutung der Stressreaktion entgegen, die zum einen eine lebensnotwendige Anpassungsleistung des Organismus darstellt, um kurzfristig mit physischen und/oder emotionalen Stressoren fertig zu werden und eine belastende Situation aktiv zu überwinden – oder, wenn es sein muss, zu ertragen. Zum anderen besitzt Stress, sofern er mit der aktiven initiativen Bewältigung von Aufgaben assoziiert und ausagiert wird, stimulierende Eigenschaften, ohne die eine Lebensgestaltung oder die Entwicklung von Persönlichkeit, Beziehungen, Initiativen und Ideen nicht möglich wäre. Klar zu unterscheiden ist hierbei physiologisch die noradrenerg-adrenerge Stressreaktion (SNA), die stärker auf Impulsivität, Extraversion und Kontrolle über kurze Episoden abzielt, von der cortisolbetonten langfristigeren Stressantwort (HPA-Achse) auf eher „zu ertragende, immobilisierende“ Stressoren ohne Möglichkeit zeitnaher Auflösung (vgl. Hüther, 1997).
Entscheidend ist auch die Bewertung eines Stressors – unbewusst durch das limbische System einerseits sowie über die bewusste Qualifizierung der Situation (vgl. Roth, 2006). Ein Fallschirmsprung, ein starker akuter Stressor, wird der physiologischen Stressreaktion ein anderes Vorzeichen verleihen als ein Verkehrsunfall. Ebenso wenig kämen die meisten Menschen auf die Idee, einen Marathonlauf emotional mit einer Gerichtsverhandlung, Verliebtheit mit Ärger oder die dreimonatige Hochzeitsvorbereitung mit einer schweren Krankheit in Verbindung zu bringen, obwohl diese Ereignisse primär durch dieselben stressassoziierten Systeme des Körpers vermittelt werden. Daher können auch identische Ereignisse wie beispielsweise der Fallschirmsprung, die Hochzeitsvorbereitung, eine Veränderung im Leben oder eine schwere Prüfung unter identischen Bedingungen von verschiedenen Menschen extrem gegensätzlich bewertet werden und je nach „Vorzeichen“ Angst, Hilflosigkeit, Neugier, Kontrollgefühl oder Lust hervorrufen (Fischer et al., 2007). Allerdings vermittelt bei positiver Bewertung bzw. Einstufung als kontrollierbar der Stressor über das noradrenerge System v.a. stabilisierende Effekte im ZNS, darunter neuronale Bahnungs- und Differenzierungsprozesse sowie eine verbesserte Lern- und Gedächtnisleistung (Hüther, 1997). Die noradrenerge Reaktion (unter Beteiligung des noradrenergen Systems sowie der Sympathikus-Nebennierenmark-Achse) führt nicht zum Gefühl der Hilflosigkeit und geht nach Ausbleiben des Stressors wieder auf die physiologische Normgröße zurück (ebd.).

Dahingegen aktiviert Hilflosigkeit, also die Bewertung als unkontrollierbar, das HPA-System und damit den cortisolbetonten (Dauer)Stress, reduziert damit die aktivierenden Effekte der Stressreaktion und führt auf Dauer zu einer Desensibilisierung mit pathologischen Veränderungen und dauerhaftem emotionalen Ungleichgewicht. Begünstigt wird diese Reaktion durch äußere Faktoren wie Verlust sozialer Kompetenz (z.B. Arbeitsplatzverlust), psychosoziale Konflikte (Partnerschaft, Familie, Arbeitsplatz, Freunde) und fehlende psychosoziale Unterstützung. Häufig erhält dann bereits die Vorstellung und Erwartung belastender Situationen die Stressreaktion (Hüther, 1997).

Stress

 

Im ZNS wirkt das HPA-System antagonistisch zum noradrenergen System: Es kommt zur Hemmung neuronaler Differenzierung und Aktivität, Degeneration neuronaler Verbindungen (z.B. Dendriten) und infolgedessen u.a. zu einer Abnahme der Lern-, Denk- und Gedächtnisleistung sowie einer positiven Rückkopplung mit der „erlernten Hilflosigkeit“. Dennoch handelt es sich nicht prinzipiell um einen katabolen, pathologischen Prozess: Hüther (1997) macht darauf aufmerksam, dass zum einen gerade die besonders cortisolsensitiven limbischen und kortikalen Neurone auch bei fehlender Cortisoleinwirkung degenerieren (z.B. im Tierversuch nach Entfernung der Nebennierenrinde) und geringe Mengen des Hormons sogar zur Regeneration benötigen. Zum anderen ermöglicht gerade das Aufweichen eingefahrener Wege und Verhaltensweisen durch höhere Glukokortikoidexposition mit der Zeit Änderungen und Lösungen, die unter Beibehaltung früherer Muster nicht möglich gewesen wären. So wurden im Tierversuch unter dauerhaft hohem Cortisolspiegel vor allem Verhaltensweisen „verlernt“, die für eine erfolgreiche Beendigung des Stress-Reaktions-Prozesses ungeeignet waren (ebd.). Daher kann gerade die Destabilisierung und Auflösung von Mustern, Netzwerken und Verbindungen im Fall ungelöster Belastungen und Situationen zu einer Lösung führen. Sie ermöglicht eine neue Ordnung im Sinne einer adaptiven Reorganisation. Durch das Verlassen alter Muster können neue Strategien entwickelt werden, die sich an neuen Situationen orientieren und sich durch ihre erfolgreiche Anwendung weiter stabilisieren (ebd.).  Dies wird insbesondere dann notwendig, wenn die Etablierung und Stabilisierung früherer Reaktionen aufgrund häufiger positiver Erfahrung zur Verhaftung in festen Mustern und damit gerade zu fehlender Anpassung und Störanfälligkeit führt (ebd.).Erst, wenn Stressor und Stressreaktion nicht mehr als kontrollierbare Herausforderung, sondern als unkontrollierbare Belastung erlebt, also nicht mehr aktiv, sondern passiv beantwortet werden, gewinnt Stress pathologische Dimensionen. Gefördert wird dies beträchtlich durch – gemessen an den realen Möglichkeiten – dauerhaft falsche Erwartungen bis hin zur Autosuggestion (Fischer et al., 2007, S. 14). Das Erlernen von Vertrauen (unterstützend: Erfahrung, Glaube, Bindungen), Neugier, des Akzeptierens und Verstehens von Gegensätzen sowie aktiver Bewältigung auf Verhaltensebene spielen hierbei eine wichtige Rolle (ebd., S. 16). Erst hierdurch werden erfolgreiche Lösungen erfahren, was wiederum eine wichtige Basis für aktive positive Bahnung und Konditionierung darstellt. Hierbei wird bereits deutlich, dass sowohl emotionales Gleichgewicht wie auch Störungen in diesem Bereich sich durch positive Rückkopplungen und entsprechende Erfahrungen, z.B. in Zusammenhang mit Aktivität, Akzeptanz, Kontrolle oder Vermeidung und Hilflosigkeit,  selbst stabilisieren und erst durch Änderung mindestens einer entscheidenden Komponente durchbrochen werden.
Methoden wie Entspannung, Tagesrhythmus und Techniken der positiven Modulation wirken neuronal harmonisierend, dürfen aber nicht – wie häufig empfohlen – als Vermeidungs- und Kontrollstrategien angewendet werden, die in der Praxis nicht selten ihrerseits einen bereits bestehenden psychischen Druck verstärken (ebd., S. 10). Durch aktive Verhaltensstrategien können hingegen psychosoziale und emotionale Sicherheiten geschaffen werden, die wiederum zu einer aktiven Stressbewältigung befähigen. Es geht also nicht darum, Stress zu „vermeiden“, zu kontrollieren oder autosuggestiv auszublenden, um „stressfrei“ zu werden, sondern ihn als Impuls zu nutzen, positiv zu besetzen und „richtig“ umzusetzen (ebd.). Nicht selten kann der Versuch der Stressvermeidung über Problemsuggestion, „Angst vor der Angst“, vermeintliche Verhaltensanforderungen und „Zwang zum Optimismus“ selbst Stress auslösen. Auch die „Schonung“, die gerne als das Gegenteil von negativem Stress missverstanden wird, kann im Sinne eines sozialen Kontroll- und Sinnverlusts oder einer sozialen Immobilisierung (Beispiel: Ausscheiden aus dem Arbeitsleben) selbst zum Stressor werden.
Verschiedene Biografien und Kulturen zeigen, dass es stark von Glauben, Bindungen und lebenspraktischen Strategien im Rahmen einer Balance von „Lebenspolen“ abhängt, was im negativen Sinne als „Stress“ empfunden wird: acht oder achtzig Stunden Arbeit pro Woche, 200 oder 300 jährliche Arbeitstage, die Versorgung von zwei oder acht Kindern – was tatsächliche Überforderung keinesfalls bagatellisieren darf. Selbst Tod oder Trennung werden in verschiedenen Kulturen extrem verschieden bewertet. Einerseits Negatives kann durchaus aktiv behandelt und als sinnhaft akzeptiert werden, ohne es ins Gegenteil umkehren, vermeiden oder leugnen zu wollen – was nie gelingen würde. Beispielsweise kann man den Tod weder vermeiden, noch (erfolgreich) leugnen, noch ihn in durch positives Denken in etwas Erstrebenswertes umwandeln. Man kann jedoch mit ihm leben, indem man ihn – trotz und gerade in seiner Gegensätzlichkeit zum Leben – aktiv annimmt und auf seine Art zu verstehen und zu behandeln lernt. Es geht also weniger um die formalen Kriterien der Stressoren – oder „Tricks“, sie zu vermeiden –, sondern vielmehr um die emotionalen Dimensionen des sinnbezogenen Akzeptierens, auch von Gegensätzen, und des aktiven Gestaltens (im Sinne des Erlebens einer Kontrollierbarkeit) als die zwei Pole positiver Stressantwort, unterstützt von Neugier, Vertrauen und positiver Erfahrung und Erwartung, die sich selbst eine wichtige Basis verleihen (vgl. Fischer et al., 2007).

 

 

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